Sehr geehrte Damen und Herren, letzten Freitag haben in Deutschland weit über 300.000 Schüler*innen und Millionen auf der ganzen Welt für eine radikale Wende in der Politik gestreikt. Über 26.000 WissenschaftlerInnen warnen uns eindringlich: Wenn wir jetzt nicht entschieden Handeln, wird die Klimakrise Ausmaße annehmen, die es unmöglich machen, so auf dieser Erde zu leben, wie wir es gerade tun. Wir stehen vor der größten Menschheitsaufgabe. Dieser muss überparteilich sofort oberste Priorität eingeräumt werden. Dem allen zum Trotz verabschiedet die EU wie am laufenden Band Handels- und Wirtschaftsabkommen, die laut der UN Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung sofort zurückgenommen werden müssen, da sie Klimaschutz unmöglich machen. Eine Greenpeace-Analyse zeigt, dass die zehn größten Ölkonzerne der Welt ausnahmslos Tochtergesellschaften mit „beträchtlichen Geschäftstätigkeiten“ im asiatischen Steuerparadies haben. Daher können sie über das geplante Investitionsschutzabkommen zwischen der EU und Singapur in Zukunft vor privaten Schiedsgerichten gegen europäische Umweltgesetze klagen. Unter den Konzernen befinden sich auch die größten Unternehmen aus den USA, Russland und China. Wir sprechen von unter anderem Exxon Mobile, Shell, BP, Chevron, Total und Gazprom Die Sorge, dass multinationale Konzerne über Tochtergesellschaften gegen Staaten klagen ist keinesfalls unbegründet. Die Methode wird als "Treaty Shopping" bezeichnet und ist bei multinationalen Konzernen nicht weniger üblich als die Gründung einer Gesellschaft in einem Steuerparadies: Im Oktober 2014 wurde Venezuela von einem ISDS-Tribunal dazu verdonnert, dem größten Ölkonzern der Welt, Exxon Mobil mit Sitz in Texas, eine Milliarden-Entschädigung zu zahlen. Exxon Mobil tritt vor dem Schiedsgericht nicht als US-Unternehmen auf, denn zwischen den USA und Venezuela ist kein derartiger Investitionsschutz in Kraft. Doch der Öl- Multi schob seine Investitionen in Venezuela vorsorglich in eine niederländische Niederlassung, um von einem 1991 zwischen den Niederlanden und Venezuela unterzeichneten Vertrag geschützt zu werden. Darüber hinaus sind in dem Abkommen sogenannte Ausschüsse vorgesehen, die nach Vertragsabschluss weitreichende und verbindliche Entscheidungen treffen können. Dies betrifft die Auslegung des Abkommens, aber auch dessen Änderung, zum Beispiel bezüglich sämtlicher Liberalisierungsverpflichtungen im Bereich der Warenzölle und sämtlicher Dienstleistungen. Insofern gibt es keinerlei Schutz zum Beispiel für die öffentliche Wasserversorgung. Auf europäischer Seite werden diese Ausschüsse mit Vertretern der EU- Kommission besetzt. Eine parlamentarische oder verfassungsrechtliche Kontrolle dieser Entscheidungen ist nicht möglich. Auch die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten sind in den Ausschüssen nicht vertreten und wirken nicht an deren Entscheidungen mit. Sie können lediglich einen „Gemeinsamen Standpunkt“ beschließen, was aber keine Versicherung gegen völlig anderen Ausschussbeschlüsse ist, welche sofort nicht nur völkerrechtlich, sondern auch nach EU-Recht verbindlich sind. Darüber hinaus sieht EUSFTA das Klima als Handelshemmnis an, was so viel bedeutet, wie, dass Klimaschutzmaßnahmen, die jetzt ergriffen werden müssten als Handelshemmnis angesehen werden können und damit Konzerne gegen diese klagen könnten. Sie sehen, selbst wenn die Nationalstaaten Klimaschutz betreiben wollten, wäre dieser mit Abkommen wie dem EUSFTA unmöglich. Dieser ist aber dringend nötig. Deshalb fordern wir politisch den sofortigen Stopp aller Handels- und Wirtschaftsverträge, die eine echte Demokratie, Klimaschutz und die Wahrung der Menschenrechte unmöglich machen. Darüber hinaus solidarisieren wir uns mit der Fridays for Future Bewegung und stellen folgende Forderungen: -Das Pariser Klimaschutzabkommen muss eingehalten werden, -Die Erderwärmung auf 1,5 °C begrenzt, -Netto Null bis 2035 in Deutschland erreicht. -Der Kohleausstieg anders als es die Kohlekommission vorschlägt 2030 abgeschlossen sein, -Eine Versorgung mit erneuerbaren Energien bis 2035 in Deutschland sichergestellt. -Neuzulassungen von PKWs mit Diesel-, Benzinmotor ab 2025 beendet. All diese Ziele sind technisch machbar. In Anbetracht der Krise müssen sie es politisch auch sein. Um dem Nachdruck zu verleihen, reicht es nun mal einfach nicht mehr aus, sonntags Hand in Hand um den Marktplatz zu tanzen. Desto mehr die Krise in das Bewusstsein der Menschen rückt, desto größer werden die Klimastreiks werden. Desto häufiger Klimaklagen. Ich bin Pressesprecher und Gründer des Greenteam Schwabenpower, einer Jugendinitiative zum Umweltschutz. Wir haben Mitglieder im Alter zwischen 14 und 18 Jahren. Des weiteren darf ich heute die Fridays for Future Gruppe Leonberg vertreten. Zur Erklärung, warum wir als minderjährige klagen: Wir haben als BundesbürgerInnen und als UnionsbürgerInnen genauso ein verfassungsmäßiges Recht auf Erhalt der sozialen Marktwirtschaft - innerhalb der Bundesrepublik Deutschland sowie innerhalb der EU - durch die Bundesregierung, das deutsche Parlament als auch die EU-Kommission und das Europäische Parlament. Darüber hinaus haben wir verfassungsgemäß das Recht auf Erhalt der Demokratie, der Sozialstaatlichkeit, der Rechtsstaatlichkeit, der Gewaltenteilung, der Rechtssicherheit – innerhalb der Bundesrepublik Deutschland sowie innerhalb der EU. Uns ist durchaus bewusst, dass Handel und grenzübergreifendes Wirtschaften wichtig sind. Die Handelspolitik der EU hat jedoch in den letzten Jahren gezeigt, dass ihre neoliberale und ausbeuterische Art und Weise humanitäre sowie ökologische Krisen heraufbeschwört, statt internationale Kooperation zu fördern. Wir setzen uns daher für eine gemeinwohlorientierte Wirtschaft ein, die sich nicht an dem Dogma des Wachstum Wahns orientiert, sondern für hohe Umwelt und Sozialstandards stark macht.
1 Kommentar
5/31/2019 12:31:38 pm
Hier wird endlich deutlich ausgesprochen, wie die Klimakatastrophe von der europäischen Handelspolitik befeuert wird. Mit der ubiquitären Verstrahlung und dem exorbitanten Energieverbrauch der neuen globalen 5G-Mobilfunktechnologie wird alles noch schlimmer. Maßgeblich dabei die Deutsche Bundesregierung. Keine Perspektiven mehr für die jüngere und spätere Generationen. Verbrannt wird nicht nur Kohle, die Regenwälder, sondern auch skrupellos die Menschen. Die meisten können sich nicht wehren. Die Natur kann es. Wir stehen heute in jeder Beziehung unmittelbar vor einem kollektiven Burn Out. Wir brauchen Lebensqualität statt ungebremstes Wachstum mit einem konsequenten, gemeinwohl-orientierten Handeln der Politik.
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